Reform der Behördenstruktur in der Schulaufsicht und in der Lehrerbildung im Land Brandenburg

                  

Hoffmann lehnt Gesetz zur Reform der Schulbehörden ab

Auf der heutigen Landtagssitung stand auch die zweite Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung zur Reform der Behördenstruktur in der Schulaufsicht und in der Lehrerbildung im Land Brandenburg (Schulbehördenreformgesetz) - Drucksache 5/8125 - auf der Tagesordnung. Dieser sieht vor, die bisherigen sechs Schulämter in Perleberg, Brandenburg an der Havel, Wünsdorf, Eberswalde, Cottbus / Chóśebuz und Frankfurt (Oder) sowie das Landesinstitut für Lehrerbildung in ein Landesschulamt mit dann nur noch vier Regionalstellen zu überführen. Das Landesschulamt wird nach der Auflösung der Schulämter und des LaLeB zum 1. Oktober 2014 seinen Sitz in Potsdam finden, die Regionalstellen in Brandenburg an der Havel, Neuruppin, Cottbus / Chóśebuz und Frankfurt.

Der Lausitzer Landtagsabgeordnete hat den Gesetzentwurf abgelehnt, wie 25 weitere Abgeordnete in der namentlichen Abstimmung auch. Durch die Stimmen der Koalitionsfraktionen aber erhielt der Gesetzentwurf letztlich eine Mehrheit.

Für Hoffmann geht der Gesetzentwurf nicht von den neuen Aufgaben der Schulpolitik unter sich verändernden Bedingungen im Land aus, sondern ist durch die Maßgabe der Schließung der Schulämter geprägt - dies hatte ein kleiner Kreis von Vertretern von SPD und LINKE bereits im November 2011 als eines der sogenannten Modernisierungsvorhaben als Ziel ausgegeben. So wird nun das Schulamt Eberswalde geschlossen - allein ein Blick auf die Karte zeigt, dass dies zu neuen Problemen führen wird.

Nicht nur die Debatte im Plenum verlief hitzig, bereits die Diskussion in den Sitzungen des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport war durch harte Auseinandersetzungen geprägt, die zum Teil auch in der mangelnden Transparenz durch das Bildungsministerium begründet war. So lag seit März 2011 zum Beispiel ein fast hundertseitiger Bericht einer Arbeitsgruppe zur Evaluierung der Schulämter vor. Die Ministerin gab den Abgeordneten jedoch im Dezember 2011 nur ein zweiseitiges Papier zur Information. Erst dank der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft konnten die Abgeordneten doch vom Bericht Kenntnis nehmen. 

 

Position von Gerd-Rüdiger Hoffmann

als Reaktion auf ein Schreiben des Kreiselternrates Barnim

In einem Schreiben des Kreiselternrates Barnim wurden vor der Landtagssitzung noch einmal Argumente aufgezählt, die gegen die geplante Reform der Behördenstruktur sprechen, und noch einmal auf die Anhörung im Bildungsausschuss verwiesen, in der der Gesetzentwurf nahezu einhellig von den angehörten Fachexpert/innen abgelehnt wurde.

Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann hat darauf in einem Schreiben seine Position wie folgt dargelegt (Auszug):

"Zuerst kann ich Ihnen sagen, dass ich diesem Gesetz nicht zustimmen werde und, soweit mir das möglich ist, auch andere Landtagsabgeordnete dafür gewinnen möchte, dieses Gesetz abzulehnen. Dabei geht es mir gar nicht darum, jede Reform der Schulbehördenstruktur zu verhindern oder die Institution Schulamt um jeden Preis zu retten. Ich sehe auf jeden Fall Veränderungsbedarf, jedoch kann der Ausgangspunkt nicht die Schließung der Schulämter sein. Ausgangspunkt für Veränderungen sollten m. E. die neuen Aufgaben der Schulpolitik unter sich verändernden (demografischen) Bedingungen im Lande sein.

Hier sehe ich vor allem drei Herausforderungen:

  1. Die Selbständigkeit der Schulen wird einen höheren Stellenwert erreichen müssen, wenn besonders in hauptstadtfernen Regionen attraktive Schulen Bindekraft entwickeln müssen, um zum Hierbleiben oder Wiederkommen von jungen Leuten beizutragen. Schulen werden zunehmend auch kulturelle und soziale Zentren in Kleinstädten oder größeren Gemeindezusammenschlüssen werden müssen, wie es in nordeuropäischen Ländern oder selbst im zentralistischen Frankreich üblich ist.
  2. Die neuen Bildungsaufgaben können nur durch intensive Weiterbildung der Lehrkräfte und eine dezentrale hochqualifizierte fachliche Begleitung gelöst werden. Im Mittelpunkt stehen dabei sicherlich ein Ganztagsschulkonzept, das Anziehungskraft für alle Kinder entwickeln muss (nicht bloß für Kinder, die so länger einem desolaten Familienumfeld entfliehen können), und tatsächliche Inklusion, die nur mit gut ausgebildeten und hoch motivierten Lehr- und Betreuungskräften zu leisten ist. Ob das die Schulämter in ihrer bisherigen Struktur leisten können, weiß ich nicht. Jedoch kann es nicht um die Schließung von Schulämtern als Ausgangsgröße gehen, sondern um ein neues dezentrales Unterstützungssystem für Schulen.
  3. Schließlich sind in den einzelnen Regionen selbst verstärkte Anstrengungen zu unternehmen, um Fehlentwicklungen im Schulsystem schnell und nachhaltig korrigieren zu können. Ich denke dabei an ein effektives System, Vertretungsstunden fachgerecht zu organisieren, Schulen bei Aufgaben der kulturellen Bildung und solchen erfolgreichen Projekten wie „Klasse: Musik!“ zu begleiten, Referendarinnen und Referendare intensiv zu betreuen und an die Region zu binden, Praxisbeziehungen der Schulen zu Unternehmen und kulturellen Einrichtungen aufzubauen und eigene Schulprofile zu entwickeln. Einfach gesagt, es geht um die Erhöhung der Attraktivität des Lehrerberufes im Land Brandenburg.

Weitere Punkte - vor allem sehr praktische - haben Sie m. E. völlig korrekt in Ihrem Brief an mich benannt. Ein Spezialfall scheint mir tatsächlich Eberswalde zu sein. Allein ein Blick auf die Landkarte sollte signalisieren, dass die Schließung des Schulamtes ohne Ersatz durch eine regionale Schulaufsicht nur zu neuen Problemen führen wird." 

 

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport

zum Entwurf der Landesregierung 

zum Gesetz zur Reform der Behördenstruktur in der Schulaufsicht und in der Lehrerbildung im Land Brandenburg (Schulbehördenreformgesetz) - Drucksache 5/8125

 

Drucksache 5/8480

 

Beschlussempfehlung: Der Landtag möge den oben genannten Gesetzentwurf unter Beachtung der vom Ausschuss für Bidung, Jugend und Sport beschlossenen rechtsförmlichen Korrekturen unverändert annehmen.

                  

Öffentliche Anhörung im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport

zum Entwurf der Landesregierung

zum Gesetz zur Reform der Behördenstruktur in der Schulaufsicht und in der Lehrerbildung im Land Brandenburg (Schulbehördenreformgesetz)- Drucksache 5/8125

Protokoll der 49. Sitzung

Seiten 1-50 geben die Debatte wieder, Seiten 78-129 die Stellungnahmen

Anzuhörende

  • Herr Karl-Ludwig Böttcher (Städte- und Gemeindebund Brandenburg e. V.)
  • Herr Dr. Paul-Peter Humpert (Landkreistag Brandenburg e. V.)
  • Herr Werner Weiss (Leiter des Staatlichen Schulamtes Wünsdorf a. D.)
  • Herr Hardy Schalitz (Leiter des Staatlichen Schulamtes Eberswalde)
  • Frau Hilda Rohmer-Stänner (Direktorin des Landesinstituts für Lehrerbildung a. D.)
  • Herr Torsten Klieme (Direktor des Landesschulamtes Sachsen-Anhalt)
  • Herr Frank Bretsch (Schulleiter der Ehm-Welk-Oberschule)
  • Herr Uwe Falk (Verantwortlicher Schulrat im Schulamt Perleberg)

Fragenkatalog

  1. Welche Auswirkungen auf die Institution Schule sind mit dem Gesetzentwurf zu erwarten?
  2. Mit der Einführung des Landesamtes für Schule und Lehrerbildung soll die Leistungsfähigkeit der Schulaufsicht und der Beratung von Schulen gestärkt werden. Welche Gelingensfaktoren sehen Sie für die anstehende Zentralisierung der Schulaufsicht als notwendig an, welche davon sind ggf. aus ihrer Sicht noch nicht berücksichtigt?
  3. Das Landesinstitut für Lehrerbildung des Landes Brandenburg soll in die Schulaufsicht integriert und Bestandteil des neu zu schaffenden Landesamtes für Schule und Lehrerbildung werden. Welche Synergieeffekte sehen Sie hier?
  4. Wie beurteilen Sie im Allgemeinen die im Schulbehördenreformgesetz geplante Auflösung der Staatlichen Schulämter und Gründung des Landesschulamtes mit vier Regionalstellen? Ist aus Ihrer Sicht die Anzahl und Lage der Regionalstellen des zukünftigen Landesschulamtes geeignet, die Beratung der Schulen zu gewährleisten? Müsste aus Ihrer Sicht die Anzahl und die Lage der Regionalstellen im Gesetz verankert werden?
  5. Welche Probleme entstehen mit dem Gesetzentwurf in Bezug auf die Schulaufsicht? Stärkt dieses Gesetz die Schulaufsicht?
  6. Kann durch die Schaffung eines Landeschulamtes die Schulaufsicht effektiver und gleichzeitig ortsnaher geschehen?
  7. Ist die Neuorganisation der Schulaufsicht und Lehrerbildung in ihren Augen fachlich notwendig?
  8. Welche Auswirkung haben die geplanten Änderungen auf die Aufgabenwahrnehmung?
  9. Wie werden sich die geplanten Änderungen auf die Schulen und andere Adressaten vor Ort auswirken?
  10. Welche Folgen haben die geplanten Änderungen für die bisherigen Mitarbeiter der Staatlichen Schulämter?
  11. Wie wirken sich die geplanten Änderungen auf beschlossene und geplante Aufgaben für die Staatlichen Schulämter, wie bspw. die Umsetzung der Schulbudgets zur Erhöhung der Vertretungsreserve oder zur Durchführung von Klassenfahrten aus?
  12. Wie hat sich Schulaufsicht seit 1991 (Vorschaltgesetz) in Brandenburg bezüglich der Relation SR - Schule; SR - Fläche/Region; Behörde - Schulen/Lehrkräfte entwickelt?
  13. Welche aktuellen Entwicklungen sind im Evaluationsbericht zu den Staatlichen Schulämtern (Erhebungen im Wesentlichen 2010/2011) nicht erfasst?
  14. Welche Schlussfolgerungen hätten Sie aus der Evaluation gezogen?
  15. Welche Vorteile sehen Sie im Modell der jetzigen 6 Schulämter?
  16. Wo sehen Sie Kritikpunkte am jetzigen Modell der Schulämter bzw. im Handling (MBJS) und wo sehen Sie Änderungsmöglichkeiten?
  17. Wie sehen Sie die Idee der Kommunalisierung?
  18. Welche Erfahrungen und Rückkopplungen kennen Sie aus anderen Bundesländern?
  19. Mit welchen Behördenstrukturen müssen Sie vorrangig zusammenwirken, um erfolgreich zu arbeiten, die bei einer Strukturreform beachtet werden müssen?
  20. Welche Erfahrungen haben Sie mit Methoden der Telekommunikation bei der Problemlösung (Eltern-, Schülerbeschwerden/Dienstaufsichtsbeschwerden (auch v. LK); Wiedereingliederung von Langzeitkranken (LK) usw.)?
  21. Wie würden Sie die untere Schulaufsicht organisieren, wenn Sie die gleiche Stelleneinsparung erbringen müssten?
  22. Wenn Sie bei gleichen Vorgaben hinsichtlich Zentrale und vier Standorte einen Lösungsvorschlag präsentieren müssten, wie würde dieser aussehen und warum?
  23. Woran liegt es, dass nicht nur im Schulamt Eberswalde Nachbesetzungsprobleme bei Schulräten aufgetreten sind und weiter auftreten?
  24. Wie beurteilen Sie die Eingliederung des Landesinstituts für Lehrerbildung?


Anlagen

  1. Stellungnahme des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg zum Entwurf des Schulbehördenreformgesetzes - Ds. 5/8125 (zu TOP 1)
  2. Stellungnahme des Landkreistages Brandenburg (zu TOP 1)
  3. Stellungnahme des Herrn Falk (Staatliches Schulamt Perleberg) (zu TOP 1)
  4. Stellungnahme des Direktors des Landesschulamtes Sachsen-Anhalt (zu TOP 1)
  5. Stellungnahme des Herr Bretsch - Schulleiter der Ehm-Welk-Oberschule Angermünde (zu TOP 1)
  6. Stellungnahme der Direktorin des Landesinstituts für Lehrerbildung a.D., Frau Rohmer-Stänner (zu TOP 1)
  7. Stellungnahme des Leiters des Staatlichen Schulamtes Eberswalde, Herrn Schalitz (zu TOP 1)
  8. Schreiben des Vorsitzenden der Kreisarbeitsgemeinschaft des Landkreises Barnim beim Städte- und Gemeindebund Brandenburg vom 17. Dezember 2013 (zu TOP 1)
  9. Anzuhörende und Fragenkatalog (zu TOP 1)

 

Plenardebatte zur 1. Lesung

Protokollauszug

des Entwurfs der Landesregierung

zum Gesetz zur Reform der Behördenstruktur in der Schulaufsicht und in der Lehrerbildung im Land Brandenburg (Schulbehördenreformgesetz) - Drucksache 5/8125


84. Plenarsitzung

Tagesordnungspunkt 10 (Seiten 6880-6886)

Redner: Münch, Dr. Martina (Ministerin für Bildung, Jugend und Sport) S. 6880-6881 , 6885-6886; Hoffmann, Gordon (CDU) S. 6881-6882; Günther, Thomas (SPD) S. 6882-6883; Büttner, Andreas (FDP) S. 6883; Große, Gerrit (DIE LINKE) S. 6884; Halem, Marie Luise von (GRÜNE/B90) S. 6884-6885

 

                  

Gesetzentwurf der Landesregierung

Gesetz zur Reform der Behördenstruktur in der Schulaufsicht und in der Lehrerbildung im Land Brandenburg

(Schulbehördenreformgesetz)

Drucksache 5/8125

                  

Bericht zur Evaluierung der Schulämter

Protokoll des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport

Tagesordnungspunkt 3 

Schriftlicher Bericht des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport zum (Zwischen-)Ergebnis der Evaluation der Staatlichen Schulämter

Die Debatte ist auf den Seiten 52 bis 73 dargestellt. 

Die Anlagen enthalten den nur zweiseitigen Bericht der Ministerin (Anlage 19) und den durch die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft den Abgeordneten bekanntgemachten knapp hundertseitigen Bericht der Arbeitsgruppe vom März 2011 (Anlage 20).

Anlagen

  • 19: Schriftlicher Bericht des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport zum (Zwischen-)Ergebnis der Evaluation der staatlichen Schulämter (zu TOP 3)
    Seiten 232-233
  • 20: Schreiben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und des Präsidenten des Brandenburgischen Pädagogen-Verbandes an die Mitglieder des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport sowie Bericht der Arbeitsgruppe „Evaluation und Aufgabenkritik der staatlichen Schulämter“ - vom 31.3.2011 (zu TOP 3)
    Seiten 234-334

 

                  

Modernisierungsvorhaben des Landes Brandenburg

Im November 2011 wurde von seiten der regierungbildenden Parteien eine Liste mit sogenannten Modernisierungsvorhaben für das Land Brandenburg in der fünften Legislatur vorgestellt, die ressortübergreifende und ressortspezifische Projekte mit klaren Vorgaben und Zeithorizonten benennt - obgleich zu verschiedenen Problemfeldern Abschlussergebnisse eingesetzter Evaluationskommissionen noch ausstanden. 

Auch für die Umstrukturierung der Schulämter ist auf der Seite 11 das ressortspezifische Projekt "Straffung der Schulamtsstrukturen" formuliert:

"Die bisherige Struktur der staatlichen Schulämter ist mit dem Ziel umzustrukturieren, diese in eine Landesschulbehörde zu überführen.

Bergündung: Die gegenwärtig laufende Evaluierung der sechs staatlichen SChulämter ist it diesem Ziel fortzuführen. Im Evaluierungsbericht ist darzulegen, ob  und über wie viele regionale Präsenzorte die Landeschulbehörde verfügen sollte. Eine Reduzierung der Standorte ist grundsätzlich anzustreben.

Federführung: Ministerium für Bildung, Jugend und Sport 

Zeitraum: Erstellung Evaluierungsbericht bsi Ende 2011, Umsetzung bis Ende 2013"