Polizeistrukturreform: Vorschlag und Kommentar zu einem notwendigen Vorhaben im Land Brandenburg

von Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann, MdL

Wenn die Diskussionen um ein Thema besonders heftig werden, dann ist es angeraten, zum Ausgangspunkt des Problems zurückzugehen. Im Falle der auf den Weg gebrachten Polizeistrukturreform für das Land Brandenburg heißt das m. E., dass folgende Fragen zu stellen und zu beantworten bzw. zu diskutieren sind:

  1. Gibt es im Land Brandenburg für die Polizeiarbeit eine neue Situation und wodurch wäre diese dann gekennzeichnet? 
  2. Ist aufgrund dieser eventuell festgestellten neuen Situation eine Polizeistrukturreform notwendig? 
  3. Welches sind dann die Eckpunkte dieser Reform?
  4. Welche konkreten Vorschläge beinhaltet der Gesetzesentwurf?
  5. Wo sind die kritischen Punkte?
  6. Welche konkreten Auswirkungen hätte die Polizeistrukturreform für die Lausitz und speziell für den Schutzbereich Oberspreewald-Lausitz?
  7. Was ist zu tun, was kann überhaupt noch getan werden?

Das Problem

Zur ersten Frage, also eigentlich zu der Frage, was denn das Problem ist, das gelöst werden soll. Eine plötzlich aufgetretene neue Situation in Sachen Polizei und innerer Sicherheit des Landes Brandenburg gibt es nicht. Wohl aber zeichnet sich seit längerem ein Trend ab, der durch folgende Umstände gekennzeichnet ist:

Demografischer Faktor: Es gibt immer weniger Einwohner im Lande insgesamt, wobei in den Orten rund um Berlin und Potsdam durchaus beachtliche Zuzüge zu verzeichnen sind. Die altersmäßige Zusammensetzung der Bevölkerung ändert sich gravierend. Der Altersdurchschnitt steigt, Jugendliche verlassen in überdurchschnittlicher Zahl das Land, um gute Ausbildung und Arbeit anderswo zu finden.

Sinkende Kriminalität, weniger Verkehrsunfälle: Laut Statistik sinkt die Kriminalität im Land Brandenburg. Das könnte durchaus damit zu tun haben, dass gute Arbeit von den Polizistinnen und Polizisten geleistet wurde und langsam auch die präventive Arbeit bei der Kriminalitätsvorbeugung greift. Es ist zu erwarten, dass es auch wegen der demografischen Veränderungen zu weniger Verkehrsunfällen kommt. Auch die Aufklärungsrate hat sich, gemessen am Bundesdurchschnitt, im Land Brandenburg verbessert. Das könnte auch daran liegen, dass bei der Polizei eben bisher ausreichend Personal zur Verfügung stand.

Zunehmendes Unsicherheitsgefühl: Bei der Bevölkerung macht sich eine gefühlte Unsicherheit breit. Viele nehmen an, dass die Kriminalität ständig steigt, die Polizei ohnehin überfordert sei und eigentlich immer zu spät komme, wenn sie gebraucht wird. Es sind allerdings nicht nur Presseberichte und eine zunehmende Boulevardisierung selbst des öffentlich-rechtlichen Fernsehens und Rundfunks, sondern tatsächliche Erlebnisse im Familien- und Bekanntenkreis, die den Eindruck verstärken, dass die Gewaltbereitschaft (besonders unter Kindern und Jugendlichen) ständig steigt. Weitgehend ausgeblendet ist die Wirtschaftskriminalität. Auch das Bekämpfen von Betrügereien über Telefon und Internet wird kaum mit der Polizeiarbeit in Verbindung gebracht.

Weniger Geld in der Landeshaushaltskasse: Nicht zuletzt durch eine falsche und für die öffentliche Daseinsvorsorge verheerende Finanzpolitik des Bundes sind selbst Pflichtaufgaben von den Ländern und Kommunen von Kürzungen betroffen. Vor allem durch eine ungerechte und politisch wie volkswirtschaftlich falsche Steuerpolitik der Bundesregierung werden dem Landeshaushalt 2019 etwa 2 Milliarden Euro weniger zur Verfügung stehen.

Das also ist die schwierige Ausgangslage, die aber vor allem über den Sparzwang definiert wird.

Zur zweiten Frage: Auf jeden Fall sind Veränderungen in der Sicherheitspolitik, in der Organisation der Polizeiarbeit und damit auch in der Struktur der Polizei notwendig. Über die genannten Probleme hinausgehend kommen auch noch der relativ hohe Altersdurchschnitt sowie eine (zu vermutende) sinkende Motivation der Beamtinnen und Beamten hinzu. Das hat auch Auswirkungen auf die Gewinnung von qualifizierten Nachwuchskräften. Weiterhin wurden in der Vergangenheit einige Weichen falsch gestellt und mit der Konzentration auf Lieblingsprestigeprojekte wie Traghubschrauber, neue Uniformen und Autobahnpolizei dringende Probleme vernachlässigt. Einige Wachen wissen wegen eines fast ständig hohen Krankenstandes gar nicht mehr, wie sie die laufenden Aufgaben erfüllen sollen.

Natürlich müssen von Zeit zu Zeit auch die Organisationsstrukturen überprüft werden. Wegen der ungleichen Einwohnerentwicklung, wegen einer ungleichen Kriminalitätsstruktur sowohl in der Quantität wie auch in der Unterschiedlichkeit der Delikte in den verschiedenen Regionen muss selbstverständlich über eine Polizeistrukturreform nachgedacht werden. Hier Konzepte zu entwickeln, wie von der „Kommission Polizei Brandenburg 2020“ im Juli 2010 vorgelegt, ist also nicht nur legitim, sondern unbedingt  notwendig.

Es dürfte auch ohne Kenntnis aller Details einsichtig sein, dass die genannten vier Probleme innerhalb der bestehenden Struktur kaum oder gar nicht zu lösen sind.

Eine Polizeistrukturreform ist m. E. notwendig.


Lösungsvorschläge

Zur dritten Frage: Die Eckpunkte der geplanten Polizeistrukturreform ergeben sich nach Auffassung der „Kommission Polizei Brandenburg 2020“ aus folgenden Ausgangsbedingungen:

  • Bevölkerung wird voraussichtlich von heute 2,5 Millionen Einwohnern auf 2,37 Millionen im Jahre 2020 sinken;
  • für den Landeshaushalt fallen 2019 die Solidarpaktmittel weg;
  • das Landespersonal muss insgesamt angepasst werden (bis 2014 Absenken auf 45500 Stellen, bis 2020 auf 40000 Stellen; nach den Vorstellungen des ehemaligen Innenministers Rainer Speer sollen 2020 nur noch 7000 Stellen für die Polizei zur Verfügung stehen);
  • die Sicherheit der Bevölkerung soll gewährleistet bleiben;
  • Polizeipräsenz soll erhalten bleiben, Ziel sind kurze Interventionszeiten;
  • alle Formen der Kriminalität sollen wirksam durch Strafverfolgung und Prävention bekämpft werden;
  • Streifendienst soll im bisherigen Umfang erhalten bleiben, d.h. mit 1869 Stellen (Stand 2010);
  • in Abhängigkeit von der jeweiligen Lage sollen auch weiterhin zwischen 60 und 180 Einsatzfahrzeuge der Polizei im Dienst sein;
  • die Anzahl von derzeit 549 Revierpolizisten soll erhalten bleiben, auch im ländlichen Raum trotz der dort sich zukünftig noch stärker verändernden Relation zwischen Revierpolizistinnen/Revierpolizisten und Bürgerinnen /Bürgern.

Ein großer Teil der Eckpunkte ergibt sich aus der veränderten Lage und muss tatsächlich als Aufgabe auf die Tagesordnung gesetzt werden.

Zur vierten Frage:Als Konsequenz ergeben sich nach Auffassung der Kommission folgende konkreten Vorschläge:

  • In einer grundlegenden Veränderung der Organisation sollen Veränderungen zugunsten der Basisorganisationseinheiten  vorgenommen werden.
  • Die Straffung der Polizeistruktur soll nicht auf Kosten der operativen polizeilichen Aufgaben geschehen. Hier soll die Anzahl der Bediensteten weitgehend erhalten bleiben.
  • Führungskräfte werden nach dem Prinzip „So wenig wie möglich, so viel wie nötig“ reduziert.
  • Ein Personalentwicklungskonzept ist notwendig, das vor allem die Aus- und Fortbildung der Führungskräfte beinhaltet.
  • Integration auf oberer Ebene durch Zusammenführung der Polizeipräsidien, des Landeskriminalamtes (LKA) und der Landeseinsatzeinheit (LESE) zu einem Landespolizeipräsidium.
  • Die Integration auf unterer Ebene soll durch die Zusammenführung der bisher 15 Polizeischutzbereiche zu 4 Polizeidirektionen erfolgen.
  • Die Polizeiwachen sollen auf „15 plus x“ reduziert werden.

Vorschläge liegen also auf dem Tisch, allerdings stellt sich die Frage, ob diese Vorschläge wirklich ausreichend unter fachlichen und politischen Gesichtspunkten diskutiert wurden.


Kritik aus landespolitischer und regionaler Perspektive

Zur fünften Frage: Die kritischen Punkte sind nicht unbedingt mit den zu kritisierenden Vorstellungen des Innenministeriums und der Regierungskoalition identisch. Denn es muss immer wieder klargestellt werden, dass sich die grundlegenden Schwierigkeiten aus der Sache selbst und nicht aus einer vermeintlichen Unfähigkeit oder gar Böswilligkeit der Regierungskoalition ergeben.

Die Bundespolitik hat maßgeblich die schlechten Rahmenbedingungen zu verantworten. Deshalb:

  • Kritisch ist zu betrachten, dass es den Trend in der Bundespolitik gibt, Sicherheit zu privatisieren und die Daseinsvorsorge immer stärker auf die Kommunen zu verlagern, die aus Finanzknappheit gezwungen sein werden, Aufgaben der Daseinsvorsorge „auszulagern“.
  • Kritisch zu sehen ist auch, dass die Bundesregierung im Zusammenhang mit militärischen Aktivitäten im Ausland immer stärker auch Polizeikräfte einbinden will.
  • Kritisch ist zu sehen, dass die Bundesregierung nicht gewillt ist, ein gerechtes Steuersystem einzuführen und für Einnahmen der öffentlichen Hand zu sorgen, die auch der Schaffung und Finanzierung einer modernen Polizeistruktur von Nutzen sein könnte.
  • Kritisch ist zu sehen, dass bisher polizeiliche Aufgaben in der Tendenz Geheimdiensten übergeben werden sollen.

Weiterhin muss festgestellt werden, dass das Agieren der Opposition, besonders der CDU, fast demagogische Züge trägt. Der Versuch, die Polizei vor allem durch Stellenabbau und Kürzungen zu „modernisieren“ geht noch auf Kosten der Koalition aus SPD und CDU und des damaligen Innenministers Schönbohm.

Trotzdem muss sich im Zusammenhang mit der geplanten Polizeistrukturreform auch die Regierungskoalition im Land Brandenburg einige Vorwürfe gefallen lassen:

Zuerst ist unverständlich, warum diese umfangreiche Reform nicht auf der Grundlage einer umfassenden Aufgabenkritik erfolgt. Das war stets eine Forderung der Fraktion DIE LINKE und der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Jetzt soll eine Evaluierung erst nach Einführung der Polizeistrukturreform erfolgen. Das scheint mir der wesentlichste Mangel zu sein. Und es ist der empfindlichste Kritikpunkt gegenüber der Linkspartei, die sich hier nicht durchsetzen konnte.

Fachliche Grundsatzfragen sind m. E. zu wenig berücksichtigt bzw. nicht genügend erläutert worden.

Deshalb habe ich in einer parlamentarischen Anfrage in zwölf Komplexen Fragen formuliert, die sowohl meine Kritik am Konzept und inzwischen auch am Gesetzesentwurf ausdrücken, allerdings auch zur Versachlichung der Debatte selbst beitragen sollen. Der Termin zur Beantwortung war Ende September. Das Innenministerium hat um eine Verlängerung von zwei Wochen gebeten, da die Fragen sehr komplex wären. Da ich ein Interesse an qualifizierten Antworten habe, habe ich der Terminverlängerung stattgegeben.

Hier sind meine Fragen an die Landesregierung im Einzelnen:

  • Welche Gründe haben die Landesregierung veranlasst, keine umfassende Aufgabenkritik – wie von der LINKEN und der SPD noch bis Sommer 2009 angekündigt – vorzunehmen, bevor Eckpunkte und Einzelheiten der Polizeistrukturreform erarbeitet werden?
  • Welches sind die wesentlichen Eckpunkte und Ziele der Polizeistrukturreform?
  • Welche Kriterien hat die Landesregierung für das Verfahren verbindlich und für alle Beteiligten und Betroffenen transparent festgelegt, um die Polizeistrukturreform im parlamentarischen und verwaltungstechnischen Bereich auf den Weg zu bringen?
  • Welche Maßnahmen hat die Landesregierung vorgesehen, um nicht nur eine umfassende Information aller Beteiligten zu gewährleisten, sondern auch eine qualifizierte und konstruktive Mitwirkung von Gewerkschaften, Fach- bzw. Berufsverbänden, Landtagsabgeordneten, Fachausschuss des Landtages und Experten zu ermöglichen?
  • Welchen Stellenwert haben im Rahmen der konzeptionellen Arbeit an der Polizeistrukturreform solche Faktoren wie demografische Entwicklung, Kriminalitätsentwicklung, neuer Stand der Technik im Polizeibereich, Unterschiede zwischen ländlichem Raum und großen Städten sowie das Tarifrecht?
  • Personalentwicklung und Verbesserung der Motivation von Beamtinnen und Beamten
      • Womit begründet die Landesregierung ihre Auffassung, dass bei den Beamtinnen und Beamten durch die geplante Polizeistrukturreform keine sinkende Motivation zu erkennen sei (vgl. DS 5/1633)?
      • Wie kann zukünftig verhindert werden, dass Beamtinnen und Beamte in Führungspositionen in eine niedrigere Vergütungsgruppe als die tatsächlich mögliche eingruppiert werden – zum Beispiel als Dienstgruppenleiter (DGL) in Polizeiwachen mit einer A 9, obwohl die A 13 möglich und angemessen wäre?
      • Nach welchen Kriterien erfolgen Beurteilungen im Zusammenhang mit vorgesehenen Beförderungen?
      • Welchen Stellenwert hat bei der Beurteilung und bei der Entscheidung die Gaußsche Normalverteilungskurve (Glockenkurve)?
      • Welche Position vertritt die Landesregierung zu Meinungen, die eine schematische Anwendung dieser Gaußschen Normalverteilerkurve kritisieren?
      • Sieht die Landesregierung Bedarf, Kriterien und Verfahren der Beurteilung von Beamtinnen und Beamten zu verändern?
      • Welche Position vertritt die Landesregierung zu einem Personalentwicklungskonzept, wie es im Bericht vom Juli 2010 „Kommission Polizei Brandenburg 2010“ im Kapitel VII in Grundzügen vorgeschlagen wird?
      • Welche konkreten Maßnahmen und in welchen Zeitabschnitten plant die Landesregierung die im Zusammenhang mit der Polizeistrukturreform notwendige Qualifizierung von Führungskräften der Polizei?
      • Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung im Zusammenhang mit den öffentlichen Debatten zur Polizeistrukturreform und dem allgemein großen Interesse der Bevölkerung am Thema Sicherheit besonders junge Menschen für eine Berufslaufbahn bei der Polizei zu gewinnen?
  • Arbeitszeitmodelle:
      • Wie bewertet die Landesregierung das noch in der Einführung befindliche Flexible Arbeitszeitmodell (FAM)?
      • Soll dieses Modell (eventuell auch modifiziert) weitergeführt werden?
      • Welche Vorteile und Nachteile ergeben sich jeweils im Vergleich zwischen unterschiedlichen Schichtmodellen einerseits und dem Flexiblen Arbeitszeitmodell anderseits?
  • Was spricht im Vergleich zwischen Stabsmodell und Abteilungsmodell jeweils für bzw. gegen die Einführung im Zuge der Polizeistrukturreform?
  • Welche Vorteile im Einzelnen verspricht sich die Landesregierung durch die Anpassung der Polizeistruktur an die Gerichtsstruktur des Landes?
  • Ist in den zweisprachigen Regionen des Landes – im Siedlungsgebiet der Sorben/Wenden – und im Grenzgebiet zu Polen eine gezielte sprachliche Qualifizierung der Beamtinnen und Beamten vorgesehen?
  • Welche Position vertritt die Landesregierung zu der in der Öffentlichkeit weit verbreiteten Meinung, die Polizeistrukturreform bedeute vor allem die Schließung von Wachen und damit weniger Präsenz in der Fläche?
  • Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, um zu einer Versachlichung der öffentlichen Debatte über die Polizeistrukturreform beizutragen?

Im wahrsten Sinne des Wortes sind viele Fragen noch offen, denn sonst wären die Antworten, die ich nach umfangreichen Gesprächen mit Polizeiführungskräften im Schutzbereich Oberspreewald-Lausitz, nach Besuchen in Polizeiwachen und in Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft der Polizei gestellt habe, im Innenministerium sofort abrufbar gewesen.

Zur sechsten Frage: Nachdem bereits Schönbohm dem Schutzbereich besonders übel mitgespielt hat, indem er die Stellen bei der Kriminalpolizei drastisch kürzte, wären nach der neuen Gesetzgebung unter Umständen die Polizeiwachen Lauchhammer und Calau gefährdet. Fraglich ist, wie es mit der Autobahnwache Berstetal und der Wasserschutzpolizei weitergehen soll.

Es ist nicht redlich, wenn immer wieder gesagt wird, dass lediglich beim Führungspersonal drastisch eingespart wird, die polizeiliche Basisarbeit aber erhalten bliebe. Denn bereits jetzt sind Führungskräfte ebenfalls im Wach- und Wechseldienst aktiv.

Richtig ist die Überlegung, ob tatsächlich lediglich Wachen für eine ständige Polizeipräsenz in der Fläche sorgen können. Alle fünf Polizeiwachen des Landkreises werden nicht zu halten sein, sind wahrscheinlich auch nicht nötig.

Wichtig sind Polizeistützpunkte in Lauchhammer und Calau. Und die Wasserschutzpolizeiwache Spreewald muss sicherlich erhalten bleiben, aus praktischen Gründen wahrscheinlich in Lübbenau und nicht in Burg oder Lübben.

Die Autobahnwache Berstetal ist m. E. entbehrlich und kann von Calau aus organisiert werden. Erfahrungswerte aus einem Test gibt es bereits.

Zu Entlassungen würde es im Schutzbereich OSL mit großer Wahrscheinlichkeit nicht kommen. Mit einer Verunsicherung der Kolleginnen und Kollegen bei der Polizei und in der Bevölkerung ist dennoch zu rechnen.

Dienst über 8 oder auch 12 Stunden in einem Polizeifahrzeug ist für die Kolleginnen und Kollegen unzumutbar. Das ist nicht einmal in einem interaktiven Funkstreifenwagen mit mobilem Büro auszuhalten.

Aber eine 24 Stunden durchgehend geöffnete Wache ist nicht unbedingt an allen bisherigen Standorten notwendig.

Wichtig ist, dass die 23 Revierpolizisten des Landkreises Stützpunkte behalten und ihre Arbeitsbedingungen im Interesse von noch mehr Bürgernähe verbessert werden.

Eine Verbesserung der Polizeiarbeit durch Verkürzung der Interventionszeiten, mehr Präsenz vor Ort und bessere Prävention erscheinen auf der Grundlage des Gesetzesentwurfs unwahrscheinlich.


Was möglich ist und was getan werden sollte

Zur siebenten Frage: Wichtigste Forderung sollte sein, die Polizeistrukturreform gründlicher vorzubereiten und später zu verabschieden.

Die Forderung nach einer umfassenden Aufgabenkritik sollte aufrecht erhalten bleiben, um fachlich abgesicherte Entscheidungen treffen zu können. Sonst hat die auf den Weg zu bringende Polizeistrukturreform von Anfang an den bitteren Beigeschmack, nicht sicherheitsrelevante Gesichtspunkte, sondern fast ausschließlich haushaltspolitische Kriterien zur Grundlage für die Reform gemacht zu haben.

Der Kampf der Bevölkerung und der Polizistinnen und Polizisten um jede Wache ist verständlich. Allerdings kann es passieren, dass dadurch wirklich sachliche Überlegungen für eine Änderung der Struktur auf der Strecke bleiben und lediglich dort nachgegeben wird, wo der Druck am größten ist. Eine sachliche Abwägung und auf dieser Grundlage unter Umständen auch heftige Diskussion wäre besser. Dazu müssen aber alle Seiten ihren Beitrag leisten.

Es hilft wenig, der CDU-Opposition wegen ihrer Kürzungspolitik in der Vergangenheit das Recht auf Kritik und publikumswirksame Aktionen abzusprechen. Ihre Aktionen sind allerdings einer guten Lösung kaum dienlich.

Die Regierung muss gezwungen werden, die Argumentation für eine Reform zu verbessern. Und die Regierung sollte einsehen, dass es auch Alternativen zum bisherigen Plan gibt.

Konkret: Über das Versuchsmodell eines Flexiblen Arbeitszeitmodells muss auch im Landkreis Oberspreewald-Lausitz gesprochen werden. Die Erfahrungen müssen ausgewertet werden. Hier ergeben sich unter Umständen tatsächliche Synergieeffekte und Einsparmöglichkeiten, die die Aufgabenerfüllung überhaupt nicht gefährden. Wir wissen es nur nicht ohne Auswertung.

Die Autobahnwache Berstetal ist entbehrlich. Sie war ein Prestigeobjekt von Minister Schönbohm. Die Aufgaben sind komplett auch von der Wache bzw. dem Stützpunkt Calau aus zu erledigen. Dienstbeginn ist ohnehin in Calau, weil in der Autobahnwache Berstetal weder Waffenkammer noch Sozialtrakt und Umkleideräume vorhanden sind.

Die Auswirkungen der neuen Polizeitechnik müssen genauer und damit überzeugender erklärt werden.

Stärker berücksichtigt werden muss, dass sich mit dem Lausitzer Seenland neue Aufgaben auch für die Polizei ergeben werden, auch für die Wasserschutzpolizei, so dass auch die Frage nach dem Stützpunkt neu gestellt werden muss.

Eine Berücksichtigung besonderer Delikte, die vor etwa zehn Jahren noch keine Rolle spielten, muss auch in den Schutzbereichen eine Rolle spielen. Denn hier wird ebenfalls Bürgernähe der Polizei gefragt sein müssen, wenn sich das subjektive Unsicherheitsgefühl in der Bevölkerung nicht erhöhen soll.

Ich unterstütze die Volksinitiative der Gewerkschaft der Polizei „Für den Erhalt einer leistungs- und handlungsfähigen sowie wahrnehmbar präsenten Polizei in allen Regionen des Landes Brandenburg“, weil einige Fragen noch offen sind und gravierende Fehler vermieden werden sollten. Wer heute schnell einsparen will, muss damit rechnen, dass uns das später teuer zu stehen kommt.