Bergschäden durch den Braunkohlebergbau / Bergrecht

                  

Ja zu einer Schiedsstelle für Bergbauschäden. Die Fürsorgepflicht staatlicher Stellen ist gefragt

Pressemitteilung von Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann

Der linke Lausitzer Landtagsabgeordnete Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann (fraktionslos) begrüßt die Ankündigung des brandenburgischen Wirtschaftsministers Ralf Christoffers, nun doch die Einrichtung einer Schiedsstelle für Bergbauschäden auf den Weg zu bringen. Noch ist es so, dass durch Bergbauschäden Betroffene gegenüber dem Bergbaukonzern nachweisen müssen, dass es sich um durch den Bergbau verursachte Schäden handelt. Wie die Lausitzer Bürgerinitiative „Vermutete Bergschäden“ immer wieder betonte, glich dieser Weg einem Kampf zwischen David und Goliath.

Dazu erklärt der linke Lausitzer Landtagsabgeordnete Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann (fraktionslos):

"Ich freue mich über die Ankündigung des brandenburgischen Wirtschaftsministers, sich nun doch für die Einrichtung einer Landesschiedsstelle für Bergbauschäden einzusetzen. Damit kann dann der unsägliche Zustand beendet werden, dass Betroffene ihre Ansprüche wegen entstandener Schäden nur gegenüber dem Braunkohlekonzern geltend machen können, diese aber in aufwendigen Verfahren nachweisen müssen. Staatliche Stellen oder unabhängige Gremien gibt es als Ansprechpartner bisher nicht. Wahrscheinlich deshalb ist es gegenwärtig noch so, dass viele Betroffene wegen des großen Aufwandes und der faktischen Übermacht des Braunkohlekonzerns relativ schnell aufgeben oder gar nicht erst versuchen, einen Schadensersatz für entstandene Schäden geltend zu machen. Hieraus erklärt sich vielleicht auch die relativ geringe Zahl von Fällen in der Lausitz im Vergleich zu Nordrhein-Westfalen, wo es aber eine entsprechende Schiedsstelle gibt.

Im Land Brandenburg könnte das eine unabhängige Stelle sein, nicht unbedingt nach dem Muster von NRW. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass diese Stelle beim Wirtschaftsministerium angegliedert wird. Das wäre aus meiner Sicht sogar die günstigere Variante. Zwar verstehe ich die Zweifel an der Unabhängigkeit, die Betroffene aufgrund ihrer in den letzten Jahren gemachten Erfahrungen äußern, aber es muss doch darum gehen, dass staatliche Stellen ihre Fürsorgepflicht gegenüber betroffenen Bürgerinnen und Bürgern wahrnehmen. Ich hätte auch erwartet, dass zum Beispiel Vertreter der Regierung oder der regierenden Koalition am Reformationstag zum Dorffest des von Abbaggerung bedrohten Dorfes Atterwasch gekommen wären. Stattdessen wurde aber einen Tag später in Jänschwalde eine begonnene Baumaßnahme am Kraftwerk Jänschwalde gefeiert, die für die Zukunftsfähigkeit der Braunkohle stehen soll. Gerade deswegen sollte die Schiedsstelle beim Ministerium angesiedelt sein, denn es geht um das Wahrnehmen von staatlicher Verantwortung, nicht um deren Auslagerung."

 

Bergschäden durch den Braunkohlenbergbau

Rede von Gerd-Rüdiger Hoffmann in der Plenardebatte zur Antwort auf die Große Anfrage "Bergschäden durch den Braunkohlebergbau"

Tagesordnungspunkt 6 "Bergschäden durch den Braunkohlebergbau"

Große Anfrage 26 der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 27.02.2013 (DS 5/6935) sowie Antwort der Landesregierung vom 15.08.2013 (DS 5/7796)

 

"Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, tatsächlich, das Lausitzer Revier ist wahrscheinlich eines der interessantesten in der Bundesrepublik. Denn es kann schon passieren, dass sehr nah bei Senftenberg eine sächsische oder tschechische Radwandergruppe von der herrlichen Natur schwärmt. Dennoch ist diese Landschaft vor allem Kultur – von Menschenhand geschaffen. Ich möchte betonen: Das ist alles Werk der Bergleute, Landschaftsplaner und Bergbausanierer im Senftenberger Revier. Ob Reppister Höhe oder Senftenberger See –  was wie Natur pur aussieht, ist vor allem eine ingenieurtechnische Meisterleistung mit Weltniveau.

So weit so gut, und hier ist auch nichts kleinzureden. Doch wenn die Radwandergruppen weiter in Richtung Freienhufen wollen, dann werden sie durch Schilder „Betreten verboten! Lebensgefahr“ daran gehindert. Wer dennoch mutig weiterfährt, hat die Ergebnisse einer großflächigen Rutschung noch nicht gesehen. Es ist auch gefährlich im Revier. Nicht immer ist die Gefahr zu erkennen oder wenigstens an ihr Vorhandensein zu glauben. Der Tourist wundert sich schon manchmal, warum nur sein Weg sicher sein soll, wo doch das Betreten der Flächen rechts und links vom Weg laut Verbotsschild lebensgefährlich ist.

Selbst unter diesem Aspekt ist die Feststellung in der Einleitung zur Großen Anfrage „Bergschäden durch den Braunkohlebergbau“ der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in fast bizarrer Weise richtig, dass nämlich „das tatsächliche Ausmaß der Bergschäden durch die Braunkohlegewinnung nur wenig bekannt“ sei.

Als Schaden gilt, was gemeldet und gegenüber dem Bergbautreibenden zivilrechtlich geltend gemacht wurde. Genau in diesem Punkt ist Änderung nötig. Ja, das Bergrecht muss geändert werden. Besonders deutlich werden die Defizite, wenn es um die sogenannte Randbetroffenheit geht. Hier sind die Regelungen viel zu ungenau. Dabei meine ich nicht nur Risse an Gebäuden, Grundwasserabsenkung, Lärm und Staub, sondern zum Beispiel auch den Werteverfall privater Immobilien.

Das Beispiel Lieske (Lěska) zeigt das vielleicht, denn welchen Wert hat denn heute und zukünftig ein schöner Bauernhof, der sich in ein paar Jahren in gefährlicher Nähe zum Tagebau Welzow-Süd befinden soll? Das Beispiel ist ausgedacht, denn die 80-Seelen-Gemeinde ist noch guter Hoffnung, dass der Tagebau gar nicht nötig ist und ihre Einwendungen gehört werden.

(Beifall B90/GRÜNE)

Übrigens greift es zu kurz, diese Bürgerinitiative der Randbetroffenen als Ansammlung von Bergbaugegnern zu bezeichnen. Das ist eine sehr aktive, sehr kluge und harmoniebedürftige Bürgerbewegung. Trotzdem waren viele von ihnen im Sommer im nur wenige Kilometer entfernten Klimacamp Proschim (Prožym), was nicht heißt, dass die Liesker militant wurden, sondern vielmehr, dass im Klimacamp friedliche, kritische und nachdenkliche Menschen waren – fast alle aus dem Revier, also von hier.

Neben der Randbetroffenheit will ich kurz ein zweites Problem nennen, dass unbedingt geklärt werden muss: Betroffene und Bergleute wissen, welche Gefahren oder Schäden zu erwarten sind, wenn der Tagebau kommt. Im Zuge des Braunkohlenplanverfahrens werden zwar das Große und Ganze und unzählige Einzelheiten beraten, auf zu erwartende Schäden soll aber erst bei ihrem Auftreten im Rahmen des Betriebsplanes reagiert werden. Das soll dann Sache des Bergbaubetreibers sein.

Damit allerdings entzieht sich dieser Problemkreis der demokratischen Mitwirkung der betroffenen Bevölkerung sowie externer Experten und Berater. Mit diesem Herangehen ist das Thema Bergschäden bereits im Vorfeld weitgehend zu einer auszuhandelnden Sache zwischen Bergbauunternehmen und Betroffenen gemacht und somit im Wesentlichen den Regeln demokratischer Mitbestimmung entzogen. Doch letztendlich muss es um die Daseinsvorsorge und Fürsorgepflicht des Landes gegenüber Bürgerinnen und Bürger gehen.

Die jetzt ausgehandelte Vereinbarung zwischen Landesregierung und Vattenfall scheint mir in diesem Zusammenhang eher kontraproduktiv. In Schweden inzwischen daran gewöhnt, dass das Unternehmen auf neue demokratisch festgelegte Rahmenbedingungen reagieren muss, darf in Brandenburg ein Braunkohlekonzern auf Augenhöhe mit der Regierung darüber verhandeln, was im Interesse des Konzerns möglich ist, vor allem was nicht möglich gemacht werden sollte. Dagegen sind von Bergschäden betroffene Bürgerinnen und Bürger darauf angewiesen, weitgehend ohne Unterstützung des Staates aus der Froschperspektive heraus mit dem mächtigen Kohlekonzern zu verhandeln. Diese Schieflage passt nicht so recht in das brandenburgische Bild.

(Beifall B90/GRÜNE)

Hier gibt es Handlungsbedarf für die Landesregierung und für die Legislative.

Herr Vogel, manchmal ist es ja so, dass Sie mich ärgern, wenn Sie die Welt, die „Ostverfehlungen“ und solche Dinge erklären, aber bei dem heutigen Thema muss ich sagen: Das war sehr kenntnisreich und auch sehr sachlich, und ich sehe überhaupt keinen konfrontativen Ansatz bei dem Entschließungsantrag. Ich werde diesem Antrag zustimmen."

(Beifall B90/GRÜNE)

                  

Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN

"Eingriffe und Folgen des Bergbaus transparent gestalten"

Drucksache 5/7901

                  

Antwort der Landesregierung

auf die Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN im Landtag Brandenburg "Bergschäden durch den Braunkohlebergbau"

Drucksache 5/7796

                  

Beschluss des Landtags

"Bundesratsinitiative zur Beweislastumkehr für Bergschadensregelung bei Tagebaubetroffenen im Bundesbergrecht"

Drucksache 5/7410-B

Der Landtag Brandenburg hat in seiner 77. Sitzung am 5. Juni 2013zum TOP 11 folgende Entschließung angenommen:

"Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

1. die Initiierung einer Bundesratsinitiative zur Änderung des Bundesberggesetzes zu prüfen und dabei insbesondere die folgenden Punkte in die Prüfung einzubeziehen:

- Einführung der Bergschadensvermutung für Tagebaubetriebe,

- Schutzregelung für Randbetroffene von Bergbauvorhaben,

- Verbesserung von Information und Beteiligung bei der Genehmigung von Projekten nach dem Bundesberggesetz

2. zu prüfen, ob und wie kurzfristig im Rahmen vorhandener Institutionen Verfahren zur Schlichtung strittiger Bergschadensanmeldungen instaliert werden können.

Das Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten wird gebeten, den Wirtschaftsausschuss im III. Quartal 2013 über die Ergebnisse der Prüfaufträge zu informieren"

                  

Plenardebatte

zum Antrag "Einrichtung einer Schlichtungsstelle" (CDU) und "Bundesratsinitiative zur Beweislastumkehr" (GRÜNE)

während der 77. Landtagssitzung 

Tagesordnungspunkt 10

"Einrichtung einer Schlichtungsstelle Bergschaden Braunkohle in Brandenburg"

Antrag der CDU (DS 5/7361)

Redner: Schulz-Höpfner, Monika (CDU) S. 6241-6242; Hackenschmidt, Barbara (SPD) S. 6243; Tomczak, Raimund (FDP) S. 6243; Domres, Thomas (DIE LINKE) S. 6244-6245; Niels, Sabine (GRÜNE/B90) S. 6246-6247; Christoffers, Ralf (Minister für Wirtschaft und Europaangelegenheiten) S. 6247-6248

bei drei Enthaltungen mehrheitlich abgelehnt

 

Tagesordnungspunkt 11

"Bundesratsinitiative zur Beweislastumkehr für Bergschadensregelung bei Tagebaubetroffenen im Bundesbergrecht"

Antrag der GRÜNEN (DS 5/7367) sowie Entschließungsantrag der SPD/LINKE (DS 5/7410)

Redner: Niels, Sabine (GRÜNE/B90) S. 6249-6250 , 6253; Hackenschmidt, Barbara (SPD) S. 6250-6251; Bretz, Steeven (CDU) S. 6251; Domres, Thomas (DIE LINKE) S. 6252; Tomczak, Raimund (FDP) S. 6252; Christoffers, Ralf (Minister für Wirtschaft und Europaangelegenheiten) S. 6253

Antrag der Grünen bei drei Enthaltungen abgelehnt, Entschließungsantrag einstimmig angenommen

                  

Entschließungsantrag der Fraktionen SPD und LINKE

" Bundesratsinitiative zur Beweislastumkehr für Bergschadensregelung bei Tagebaubetroffenen im Bundesbergrecht"

Drucksache 5/7410

                  

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN

"Bundesratsinitiative zur Beweislastumkehr für Bergschadensregelung bei Tagebaubetroffenen im Bundesbergrecht"

Drucksache 5/7367

                  

Antrag der Fraktion CDU

"Einrichtung einer Schlichtungsstelle Bergschaden Braunkohle in Brandenburg"

Drucksache 5/7361