Stellenabbau und Auslagerungen bei Vattenfall

Mündliche Anfrage zur Landtagssitzung am 02.04.2014

Kampagnen wie „Meine Stimme fürs Revier" des Vereins "Pro Lausitzer Braunkohle" und die Landesregierung führen immer an, dass durch die Braunkohlenindustrie nicht nur quantitativ viele Arbeitsplätze in der Lausitz gehalten werden, sondern auch qualitativ hochwertige und gut bezahlte Industriearbeitsplätze zur Wirtschaftskraft beitragen. Deshalb sei die Braunkohlenindustrie auch zukünftig für das Land Brandenburg unverzichtbar.

Ende Februar wurde jedoch von Seiten der Konzernleitung – plötzlich und ohne Vorankündigung – der Verkauf der Ingenieursgesellschaft Vattenfall Europe PowerConsult GmbH (VPC) mit 535 hoch qualifizierten Ingenieuren bekannt gegeben. Zudem berichtete unter anderem der rbb Anfang Februar, dass der geplante Abbau von 1.500 Stellen bis zum Jahresende laut Einschätzung des Deutschlands-Chefs von Vattenfall Tuomo Hatakka nicht ausreichend sein wird und weitere Einschnitte geplant sind. Insbesondere die Verlagerung ganzer Verwaltungseinheiten nach Schweden und die Reduzierung der Auftragsvergaben an  regionale externe Dienstleistungsunternehmen – sicher mit Folgen für deren Arbeitsplätze – lassen Zweifel an der Zukunftsfähigkeit des Konzerns im Hinblick auf eine aktive Mitgestaltung bei der Umsetzung der Energiestrategie des Landes Brandenburg aufkommen. Regionalentwicklung und Wirtschaftskraft lassen sich auf dieser Grundlage schwer prognostizieren.

Ich frage deshalb die Landesregierung:

Wie bewertet die Landesregierung entsprechende Verlautbarungen des Bergbauunternehmens mit Bezug auf die Sozialraumprognose und auf die Entwicklung zukünftiger Wertschöpfung im Süden des Landes Brandenburg?

 

Antwort des Ministers für Wirtschaft und Europaangelegenheiten

Sehr geehrter Herr Abgeordneter,

die Landesregierung und die Öffentlichkeit wurden vor gut einem Jahr durch Vattenfall darüber informiert, dass das Unternehmen für Deutschland Umstrukturierungen und Personalabbaumaßnahmen im administrativen Bereich sowie in den Servicegesellschaften plant. Die damit verbundene Auskunft, dass der produktive Bereich der Braunkohlesparte von Vattenfall in der Lausitz davon nicht betroffen sein wird, hat Vattenfall bis heute gegenüber der Landesregierung nicht zurückgenommen.

Die kürzlich vollzogene Veräußerung der Ingenieurdienstleistungsgesellschaft Vattenfall Europe Power Consult GmbH (VPC) widerspricht diesem Konzept nach Auffassung der Landesregierung nicht. Das Know how bei VPC erstrecht sich hauptsächlich auf den Kraftwerksneubau und die Ertüchtigung von Kraftwerksblöcken. Mit der Aufgabe des CCS-Demonstrationsprojektes Jänschwalde und der abgeschlossenen Sanierung des Kraftwerksstandorts Boxberg ergeben sich in diesem Bereich bei Vattenfall auf absehbare Zeit keine nennenswerten Herausforderungen für eine Ingenieurgesellschaft. Lt. Vattenfall will man es der VPC mit der Auslagerung aus dem Konzern ermöglichen, die Geschäfte in internationalen Wachstumsmärkten, wo das Unternehmen bereits gut etabliert ist, auszubauen. Dieser Logik kann sich die Landesregierung nicht verschließen.

Die Arbeitsplätze im produktiven Bereich - also im Tagebau- und Kraftwerksbetrieb - und die daraus resultierenden indirekten Arbeitsplätze bei Zulieferern und Dienstleistern hält die Landesregierung weiterhin für gesichert, solange der Braunkohlestrom aus Brandenburg zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit und Systemstabilität benötigt wird. Das wird nach derzeitigem Erkenntnisstand der Landesregierung bis mindestens zum Jahr 2042 der Fall sein. So wurde allein für den Bereich Tagebau Welzow-Süd und Kraftwerk Schwarze Pumpe im Rahmen des laufenden Braunkohlenplanverfahrens zum Teilabschnitt II vom Bergbauunternehmen für den Zeitraum von 2026 bis 2030 ein Personalbedarf von ca. 4.600 direkten und indirekten Arbeitsplätzen angegeben (gegenüber aktuell 5.100 Beschäftigten).

Nach einer Untersuchung der Prognos AG im Auftrag des Brandenburger Wirtschaftsministeriums bleibt die Braunkohleindustrie auch bei einem perspektivischen Beschäftigungsrückgang für das Land und insbesondere für die Lausitz ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes ist dieser Industriebereich auch langfristig dringend notwendig. Mit der im Herbst 2013 abgeschlossenen Energiepartnerschaft zwischen der Landesregierung und Vattenfall soll u. a. dazu beigetragen werden, Vattenfall auch weiterhin eine unternehmerische Zukunft im Land zu eröffnen.

Mit freundlichen Grüßen

Ralf Christoffers

 

Antwort der Landesregierung

vom 12. Juli 2010 (DS 5/1629)