Künstlernachlässe in Brandenburg

Kleine Anfrage vom 10.07.2014 (DS 5/9339)

Eine institutionelle Förderung von regionalen Künstlernachlässen ist in der Bundesrepublik Deutschland noch die Ausnahme. Lediglich das Saarland strebt eine institutionelle Förderung unter Verantwortung der 1980 als Einrichtung öffentlichen Rechts gegründeten Stiftung Saarländischer Kulturbesitz an. Die Frage, ob das Bewahren privater Künstlernachlässe eine Angelegenheit der öffentlichen Hand oder Privatangelegenheit sei, ist mit komplizierten konzeptionell-kunsttheoretischen, kulturpolitischen, finanziellen, juristischen und hier immer wieder besonders urheberrechtlichen Fragen verknüpft. Auch stellt sich die Frage, ob die klassische Archivierung in Depots oder so wie im Archiv für Künstlernachlässe der Stiftung Kunstfonds in der früheren Abtei Brauweiler in Pulheim bei Köln noch zeitgemäß ist. Wenn durch private Initiative und mit Unterstützung öffentlicher Einrichtungen ein „mobiler Nachlass-Service“ zustande käme, dann wäre eine gewisse Zentralisierung von Entscheidungen auf Landesebene notwendig. Denn Einzelfallprüfungen nach entsprechenden Anträgen können eine zufällige Prioritätensetzung nicht ausschließen. Wenn lediglich bedeutende Einzelfälle unterstützt würden, hätten wir es weiterhin mit dem Problem zu tun, welche Instanz dann die Auswahl treffen darf, nach welchen Kriterien ein Künstlernachlass von der öffentlichen Hand übernommen oder in der Verantwortung von Privatinitiativen bzw. Stiftungen institutionell oder als Projekt gefördert werden kann. Die beiden Landeskunstmuseen – das Kunstmuseum Dieselkraftwerk Cottbus und das Museum Junge Kunst Frankfurt/Oder – hätten zwar die fachliche Kompetenz, um Künstlernachlässe danach zu bewerten, ob es sich um Nachlässe von landespolitischer, bundespolitischer oder internationaler Bedeutung handelt. Sie sind jedoch weder personell und finanziell noch logistisch in der Lage, die oben beschriebene Aufgabe in Gänze zu übernehmen.

Der in Gründung befindliche „[Private] Künstlernachlässe im Land Brandenburg e.V.“ könnte zwar einen Teil dieser Aufgaben übernehmen, dennoch müsste verbindlich geregelt werden, nach welchen Kriterien das Land Künstlernachlässe als landespolitisch bedeutsam anerkennt und deshalb fördert. Erfahrungen des im Jahre 2003 gegründeten Hamburger Forums für Künstlernachlässe sowie Vorschläge des schweizerischen Instituts für Kunstwissenschaften sollten dabei beachtet und die sich daran orientierende und auf praktische Umsetzung ausgerichtete brandenburgische Initiative unterstützend begleitet werden.

Ich frage deshalb die Landesregierung:

  1. Welchen Stellenwert haben Künstlernachlässe in der Kulturpolitik der Landesregierung?
  2. Welche Vorstellungen hat die Landesregierung, um das Verhältnis von fachlicher Bewertung von Künstlernachlässen auch durch private Initiativen und der tatsächlichen Förderung durch das Land verbindlich zu regeln?
  3. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung
    • zur Unterstützung beim Aufbau eines Onlineportals zur Erfassung von Künstlernachlässen,
    • zur dauerhaften Förderung eines mit einem Kernbestandsdepot verbundenen Schaudepots, um so Künstlernachlässe zu bewahren, und
    • zur Förderung der öffentlichen Vermittlung der Nachlässe zum Nutzen für Forschung, kulturelle Bildung, Ausstellungen und Kunsthandel?
  4. Wie bewertet die Landesregierung die Idee, einen mobilen Nachlassservice in Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern zu etablieren?
  5. Welchen Stellenwert misst die Landesregierung in diesem Zusammenhang dem Onlineportal www.private-kuenstlernachlaesse-brandenburg.de bei?
  6. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, einen solchen mobilen Nachlassservice auf Bundesebene in Kooperation mit den einzelnen Bundesländern zu etablieren?
  7. Welche Position vertritt die Landesregierung zu der Idee, eine Koordinierungsstelle für Künstlernachlässe im Land Brandenburg nach dem in der Studie des Schweizerischen Instituts für Kunstwissenschaften Zürich (SIK-ISEA) empfohlenen Modell einzurichten?
  8. Unterstützt die Landesregierung die Idee zur Schaffung eines Kernbestandsdepots von Künstlernachlässen im Land Brandenburg?
  9. Nach welchen Kriterien sollten nach Auffassung der Landesregierung Künstlernachlässe in ein solches Depot aufgenommen werden?
  10. Welches Finanzierungsmodell wäre nach Auffassung der Landesregierung dabei denkbar?
  11. In welchem Verhältnis sollten nach Auffassung der Landesregierung institutionelle Förderung und Projektförderung bei der Bewahrung von nach verbindlichen Kriterien ausgewählten Künstlernachlässen (Kernbestände) stehen?
  12. Welche Alternative sieht die Landesregierung, wenn es nach ihrer Auffassung auch zukünftig nicht möglich sein sollte, Maßnahmen zur Bewertung und Erfassung von privaten Künstlernachlässen im Land Brandenburg kontinuierlich finanziell zu unterstützen?

 

Kleine Anfrage als PDF-Datei

Antwort der Landesregierung

vom 12. Juli 2010 (DS 5/1629)